Diese Ausstellungseröffnung fällt in ein besonderes Zeitgeschehen. Die ganze Welt ist in Aufruhr, in Angst, auf der Suche nach Grenzen und Begrenzungen, nach Schutz und Heilung.
Und die Frage, wie verhalte ich mich jetzt zu meinem Wohl und zum Wohle der Gemeinschaft ist von zentraler Bedeutung. Humanismus – humanitas – Menschentum, das, was den Menschen ausmacht, war das zentrale Thema der Renaissance.
Einer Epoche, die von großen künstlerischen, philosophischen und wissenschaftlichen Leistungen geprägt war. In der Rückbesinnung auf die antike Kultur sollte der Mensch als schöpferisches Wesen neu erkannt, begriffen und ausgedrückt werden. In Italien fand diese Epoche ihren Ursprung und ihr Zentrum.
Die junge Kunststudentin Regine Kuschke bekam in Florenz, angesichts der Uffizien, der prachtvollen Werke dieser Epoche ihre künstlerische Initiation. Das Bildnis des Menschen, Menschen-Bilder, sind das zentrale Thema ihrer Kunst. Regine Kuschke wollte schon immer malen, Künstlerin werden.
Ihre erste Ausstellung kreierte sie als 7-jährige im Kinderzimmer. Malen ist ihre Sprache, ihr Ausdruck in die Welt.
Nun hängen ihre Bilder in unserer kleinen Galerie in der Brandenburger Provinz, in Buckow. Dies haben wir wohl dem Umstand zu verdanken, dass Regine Kuschke sich vor zwei Jahren entschloss, aufs Land zu ziehen, um die Freiheit der weiten Felder ringsherum zu genießen. In ihrem Atelier hängt ein Spruch von Theodor W. Adorno, der ihr künstlerisches Credo geworden ist: „Kunst ist Magie, befreit von der Lüge, Wahrheit zu sein.“
Die Bilder von Regine Kuschke verströmen eine magische Kraft, eine Tiefe, die nicht bedrohlich wirkt, sondern faszinierend, ursprünglich, versöhnlich.
Sie atmen diese Freiheit, sich zwischen den Welten, Zeiten und Räumen bewegen zu können. Bilder aus der Zwischenwelt – zwischen Traum und Realität, Vergangenheit und Zukunft, Erde und Kosmos, zwischen Abgrund und Glückseligkeit, zwischen Allmachtsfantasien und Verlorenheit.
Wir sehen das ganze Welttheater der menschlichen Verhaltensweisen; wir sehen Menschen auf einer 3. Erde und einen Engel, der seine Heilkünste versucht; wir sehen die Fängerin mit seltsamen fischartigen Wesen in den Händen; wir sehen ein besessenes Kind, das mit menschlichen Marionetten ein gefährliches Spiel treibt.
Wir schauen in die Augen der Fischfrau, die wissend und fragend zugleich sind. Wer bin ich – Mensch – in dieser Welt?
Wo ist mein Platz?
Was tue ich und warum?
Die Bilder von Regine Kuschke greifen die zentralen Themen des Menschseins auf.
Sie geben keine Antworten, sie führen uns zum Fragen, zum Innehalten, zum Entdecken von Zeichen, Symbolen und Rätseln. Sie bringen uns vielleicht auf eine Spur, die wir tief in unserer Seele schon immer vermutet haben.
Wir betrachten die Bilder von Regine Kuschke und schauen in einen Spiegel, der uns in betö
render Intensität die Schönheit und Würde der menschlichen Existenz in all ihren Facetten zeigt. Regine Kuschkes Malerei berührt unsere Sinnlichkeit und Empfindungskraft. Malen fängt da an, wo Sprache aufhört, sagt sie, wo unser Verstand irritiert nach Deutungen und Analysen sucht und schließlich aufgibt.
Das Schlüsselbild dieser Schau gab der Ausstellung auch den Titel: „Als ich träumte“. Dieses Bild führt uns wieder zum Ausgangspunkt zurück, zum schöpferischen Menschen, der verbunden ist mit den Dimensionen des Unendlichen und den Tiefen der Zeit.
Ein Zitat von Friedrich Hölderlin scheint mir dazu ein passender Abschluss meiner Anmerkungen zu sein. Regine Kuschke entdeckte es heute in der Märkischen Oderzeitung: „Oh, ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt, ein Bettler, wenn er nachdenkt.“
Riamara Sommerschuh zur Ausstellung im alten Warmbad, Buckow